Sind Sie sicher?
Hat eigentlich mal jemand ausgerechnet, wie viel Schaden allein der deutschen Volkswirtschaft jährlich entsteht, weil einen irgendwelche Software fragt, ob man wirklich tun will, was man eben jene Software gerade durch einen Klick oder einen Tastendruck angewiesen hat, zu tun?
Ich meine, okay, machen wir einen Unterschied zwischen destruktiven Aktionen und folgenlosen Aktionen. „Wollen Sie die Datei löschen“ ist ja in der Regel eine legitime Frage. Denn wenn eine Datei gelöscht ist, ist sie weg, und das will ich als Anwender ja vielleicht dann doch nicht. Andererseits… gelöscht ist ja auch nicht gleich gelöscht. Bei so ziemlich jedem modernen Betriebssystem heißt „Datei löschen“ ja eigentlich eher sowas wie „Datei in den Papierkorb legen“ oder „Datei zum späteren löschen vormerken“. Der eigentliche Löschvorgang, nach dem man die Datei wirklich nicht wieder herstellen kann (oder nur mit Hilfe von Zusatzhard- oder Software) passiert ja erst wesentlich später.
Warum fragt mich also mein Computer, ob ich eine Datei wirklich in den Papierkorb legen will? Wenn es ein Versehen ist, kann ich sie schließlich noch eine ganze Zeit lang wieder aus dem Müll herausfischen und damit vor der Vernichtung retten. Die Frage, ob ich das wirklich will, ist doch eigentlich Zeitverschwendung. Wenn ich im echten Leben versehentlich was in den Müll werfe und der dann ein paar Tage später abgeholt wird, dann ist das Ding wirklich weg. Warum soll das auf dem Computer nicht so sein? Dass ein Personalausweis oder ein Arbeitszeugnis oder ein Erbstück irgendwo zwischen den Pizzakartons landet, kann schließlich durchaus mal vorkommen. Ist es da so nachfragewürdig, ob müll.jpg und dreck.rtf und goldstück.png wirklich in den Papierkorb gelegt werden sollen?
Aber hey, okay, die Designer von Betriebssystemoberflächen müssen einkalkulieren, dass einige Leute ihnen das echt krumm nehmen, wenn sie ihre Dateien löschen und nicht gefragt werden, ob sie das auch wirklich wollen.
Aber wo der Spaß ja echt aufhört, das sind ja wohl die nicht-destruktiven Aktionen. Ich kenne gefühlt zwei Computerspiele, wenn ich die beende, dann beenden die sich. Der Rest, und das sind erheblich mehr als gefühlte zwei, fragt mich, ob ich das Spiel wirklich beenden will. Hallo? Wie oft klickt ihr versehentlich auf „Programm beenden“ und denkt euch „Oh Mist, ich wollte doch noch weiterspielen, was mache ich jetzt nur?! Naja, gut, okay, ich könnte einfach neu starten…“.
Aber ernsthaft. Wenn ich mal gaaaanz grob überschlage, wie viel Lebenszeit es mich bisher gekostet hat, ein versehentlich beendetes Spiel neu zu starten und wenn ich das dann vergleiche mit der Lebenszeit, die es mich gekostet hat, das wunschgemäße Beenden eines Spiels zu bestätigen, dann ist das etwa eine zwei zu 98 Abrechnung zu Lasten der „Sind Sie sicher?“ Abfragen. Realistisch gesehen wahrscheinlich sogar eher 0,1 zu 99,9.
Wobei ja noch dazu kommt, dass neuere Spiele auf halbwegs aktuellen Rechnern durchaus schnell starten. Habt ihr damals Gothic gespielt? Hölle, bis ein Spielstand geladen war hatte man die Kanne Kaffee nicht nur gekocht, sondern auch halb ausgetrunken. Die Frage, ob man wirklich das Spiel beenden wollte, war absolut gerechtfertigt. Aber wenn das Neuladen eine Sache von 30 Sekunden ist und ich beim Beenden jedes mal noch kurz „Ja“ anklicken muss, dann summiert sich der Aufwand ziemlich schnell.
Zumal viele Spiele (bzw. Anwendungen im Allgemeinen) nicht auf die Enter- oder Escape- oder Space-Taste reagieren, ich also tatsächlich mit dem Mauszeiger eine Schaltfläche anvisieren und dann anklicken muss.
Und dann diese Hinweise „Nicht gespeicherter Inhalt geht [beim Beenden] verloren“. Ja klar. Ich erwarte in der Tat nicht, dass ein Spiel den Inhalt für mich speichert. Aber wenn ich doch – eben weil ich das nicht erwarte -, wenn ich doch ein Quicksave einwerfe und dann das Spiel beende, wenn also nicht mal fünf Sekunden vergehen zwischen dem Speichern und dem Befehl zum beenden, was könnte denn da bitte passiert sein, das ich nicht liebend gerne beim nächsten Laden des Spiels wiederhole?
Können die Anwendungsentwickler nicht wenigstens ein bisschen so tun, als hätten sie Grips? Ich meine, wenn ich eineinhalb Stunden lang nicht gespeichert habe und dann die Anwendung beende, dann ist es durchaus gut möglich, dass ich mich tierisch in den Arsch beiße, wenn ich beim nächsten Laden merke, was ich alles nochmal machen muss. Aber fünf Sekunden oder auch zwei Minuten, das ist doch nun wirklich kein Problem.
Wenn also die Spieleentwickler dem Spieler wenigstens die Wahl ließen, solche Abfragen auszuschalten, das wäre ja schon ein Riesengewinn. Und wenn ich überlege, welche Budgets bei der Entwicklung moderner Spiele verbraten werden und wie viel Arbeit allein in die Figuren, die Gesichter, die Landschaft, die KI, die Grafik im Allgemeinen, die Physik und in zig andere Details fließt – dann denke ich mir, dass man vielleicht nochmal ein paar Stunden mehr in das eigentliche Interface und dessen Funktionalität investieren könnte.
Zumal es bei den heute üblichen Festplattengrößen nun wirklich nicht ins Gewicht fällt, wenn ein Spiel beim Beenden automatisch ein Savegame anlegt. Solange dieses Autosave keinen manuell angelegten Speicherstand überschreibt, habe ich damit nicht das geringste Problem – und schon hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, denn selbst wenn ich das Spiel versehentlich beende, hätte ich die Option, den letzten Spielstand wiederherzustellen.
Zum Ende ein echtes Highlight zum Thema Festplattenanforderungen. Ich habe mir kürzlich Singularity bei Steam gekauft. Bei den System-Anforderungen findet sich diese Perle:
Hard Drive: 8GB of uncompressed hard disk space (plus 400 MB for the Windows® swap file and 12 KB free for saved games)
8 Gigabyte, okay, da muss man evtl. mal schauen, ob man das frei hat. Die Swap-Datei belegt eh Platz, und 400 MB finde ich da schon recht wenig. Braucht man eigentlich nicht erwähnen, weil Windows den Swap-Space ja nicht extra wegen Singularity anlegt oder nutzt. Aber wer zur Hölle interessiert sich für die 12 KB für die Savegames? Teufel noch eins, man könnte etwa 122 Savegames auf eine 3,5″ MFD 2 HD Floppy Disc speichern, und die Dinger werden heute quasi nicht mehr hergestellt…
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