Ich kann seit ein paar Tagen keine Mails versenden. Was ich echt komisch finde, immerhin habe ich Zugriff auf einige der von mir genutzten Mail-Server und kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Requests auf Port 25 TCP nicht bei diesen Servern ankommen. Zugegeben, auf mail.gmx.net habe ich kein root. Aber wenn ich dort den gleichen spontanen Netzwerk-Fehler kriege, scheint mir das Problem jetzt nicht unbedingt bei GMX zu liegen.
Nun ist es naheliegend, dass die Ursache des Problems irgendwo in meinen Windows-Rechner, vielleicht direkt in meinem E-Mail-Client schlummert. Ein Linux-Rechner im Heimnetzwerk kriegt aber auch keinen Connect auf Port 25. Wohingegen alle anderen Ports zu funktionieren scheinen (HTTP, POP3, SSH und so weiter).
Da wandert nun langsam und noch etwas skeptisch der Blick auf den Speedport W701V und den dahinter liegenden Provider T-Online. Dass ein Modem/Router/Blackbox-Ding ohne erkennbaren Grund nur einen TCP-Port filtert, halte ich für möglich. Aber nicht für sehr wahrscheinlich. Also nehmen wir mal T-Online ins Visier. Eine groß angelegte Port 25-Sperre scheint es nicht zu sein, denn nachdem ich das Problem einen Tag ignoriert und zu sendende Mails wahlweise über Webmailer oder über Port 465 rausgehauen habe, ist bei heise genauso wenig zu finden wie mit Google.
Gestern – es war etwas später am Abend – rief ich dann also mal bei der Telekom an. Mangels besserer Idee nahm ich einfach mal die 0800 330 1000, die allgemeine (und kostenfreie) Hotline. Den einleitenden Sprachcomputer würdigte ich zurückhaltender Verachtung: „Störung. Kundenbetreuer. KUNDEN-B-E-T-R-E-U-E-R!“
Nach der recht kurzen Warteschleife klingelte es endlich… mehrfach… dann kam der Hinweis, dass wohl leider alle Plätze belegt sind und ob ich es nicht später versuchen wollte. Was ich tat. Fünf Sekunden später. Und oho: Der Sprachcomputer fragte nicht lange, worum es geht und ob ich denn einen Kundenveralberer sprechen wolle, sondern ob es denn um das gleiche Anliegen wie beim letzten Anruf ginge? „JA“. Das versetzte mich in die nächste Warteschleife. Die ich nach zehn Minuten abbrach, um wenigstens einen Rest geistiger Gesundheit zu behalten.
Öfter mal was Neues: Bei den nächsten Anrufen vermeldete mir eine andere, gleichwohl noch immer synthetisch scheinende Stimme, dass die gewählte Rufnummer von meinem Anschluss leider nicht zu erreichen sei. Woraufhin ich die gleiche Hotline vom Handy aus anrief, wo ich den Anschluss, um den es ging, immerhin eintippen durfte und nicht ansagen musste. Und schließlich, ich hielt es schon kaum noch für möglich, sprach ein echter Mensch zu mir, eines jener armen Schweine, die um 2:12 im Callcenter sitzen und fast hilflos den Kundenanfragen ausgesetzt sind. So auch dieser Mitarbeiter, der bei der Erahnung meines eigentlichen Problems sofort auf die T-Online-Hotline 01805 30 5000 verwies. Die allerdings erst ab sieben Uhr morgens erreichbar sei. Und die etwas komische Meldung beim Versuch, seine Hotline über den T-Home-Festnetzanschluss zu erreichen, sei bereits bekannt und man kümmere sich darum.
Steigerungsfähig
Nun kennt man ja die Telekom. Vielleicht sollte man dort weniger Rechtsmittel auf den Schutz der Farbe Magenta aufwenden und mehr Marketingaktivität für den Begriff „Chaos“. Dann läuft es zwar genauso mäßig wie vorher, aber man weiß wenigstens, worauf man sich einlässt.
Aber der Reihe nach. Solange die T-Online-Hotline 01805 30 5000 noch erreichbar war (bis Mitternacht), wollte ich heute Abend dann endlich mal mein Problem lösen. Oder sagen wir besser: klären. Das Mädel am Telefon hatte ganz offenbar keine Ahnung, was ein Port oder gar eine Port-Sperre sein könnte und schlug vor, mich gleich zur T-Online-Technik durchzustellen. Ich stimmte zu. Nach zehn Klingelzeichen wurde das Gespräch allerdings von der Gegenseite beendet.
Also rief ich nochmal an. Bei der gleichen Hotline wie zuvor. Denn ich hatte mir nicht notiert, welches wohl die Nummer der T-Online-Technik sein könnte. Diesmal hatte ich es mit einem dialektbehafteten Herrn zu tun, der wissen wollte, ob es denn bei meinem E-Mail-Problem um ein T-Online-Postfach ginge.
„Nein“.
„Ja, was rufen Sie denn dann die T-Online-Hotline an?“
„Na, die allgemeine Hotline hat mich an Sie verwiesen.“
Wir drehten uns dann eine Zeit lang verbal im Kreis und einigten uns schließlich darauf, dass er mein Problem jetzt auch nicht lösen kann (ich glaube, er hatte es auch immer noch nicht verstanden) und dass ich doch stattdessen die T-Online-Technik-Hotline 01805 345 345 anrufen sollte.
Was ich tat. Die T-Online-Technik-Hotline stellte sachkundig fest, dass sie gar nicht zuständig ist, schließlich sei ich ja Entertain-Kunde und sollte mich daher an die Entertain-Hotline 01805 37 37 50 wenden.
Was ich tat. Und zum ersten Mal seit zwei Tagen hatte ich bei der wohlklingenden Stimme dort das Gefühl, dass wenigstens die Problemstellung verstanden wurde. Und die Aussage „Leider sind unsere Testsysteme gerade nicht nutzbar. Ich seh‘ jetzt auch eigentlich nur Ihren Namen und Ihre Adresse, mehr habe ich hier jetzt nicht“ war – allen ernstes – die kompetenteste Aussage, die ich in diesem ganzen Telefonmarathon von der Telekom bekommen habe. Verbunden mit dem Hinweis der freundlichen Mitarbeiterin, ich könnte es ja nach sieben Uhr nochmal probieren, dann würden die Testsysteme wohl auch wieder funktionieren.
Ich äußerte die – durch eine Google-Suche genährte – Vermutung, man könnte mir Port 25 wegen Spam-Versands gesperrt haben. Ja, meinte sie, das könnte sein, sowas würde manchmal gemacht. Aber der Kunde würde dann immer per Telefon oder per E-Mail informiert. Sie hätte aber jetzt auf solche Informationen auch leider keinen Zugriff.
offlinehausen@t-online.de
Nach dem Gespräch begann es mir zu dämmern: An welche E-Mail-Adresse könnte mir die Telekom E-Mails schicken? Die haben mich, soweit ich mich erinnere, nie nach einer E-Mail-Adresse gefragt. Aber… war da nicht was? Achja. Genau. Hotspot-Zugang. Über T-Online. Ist Teil meines Vertrages. Damit man die Hotspots nutzen kann (was ich äußerst selten tat), muss man sich vorher einmal gesondert bei T-Online anmelden. Und dort als Zugangskennung eine T-Online-E-Mail-Adresse einrichten. Was ich einmal getan hatte (Nein, es ist nicht die Adresse aus der Überschrift. Leider). Tatsächlich konnte ich mich nun mit genau jener Adresse und dem damals vergebenen Passwort in das Kundencenter unter www.telekom.de einloggen.
Es dauerte noch eine Reihe von Klicks, bis ich schließlich auch die E-Mails fand, die man mir da offenbar seit Monaten zustellt (und die, trotz 1024 MB Speicherplatz, nach 90 Tagen gelöscht werden). Darunter zwei Stück von abuse@t-online.de. Die erste, etwa zwei Wochen alt:
Sehr geehrte Telekom Kundin,
sehr geehrter Telekom Kunde,
über Ihren Anschluss wurde Spam versendet. Bitte lesen Sie diese E-Mail
zur Vermeidung von weiterem Missbrauch aufmerksam durch. […]
Die zweite kam passend zum Beginn meines E-Mail-Problems vor ein paar Tagen:
Sehr geehrte Telekom Kundin,
sehr geehrter Telekom Kunde,
über Ihren Anschluss wird noch immer Spam versendet – daher haben wir
mit einer Beschränkung der Mail – Versandmöglichkeit reagiert. Bitte
lesen Sie diese E-Mail aufmerksam durch, um weiteren Missbrauch zu
vermeiden. […]
Aaaaah ja. Is‘ klar. Diese Meldung stellt man an eine Adresse zu, die niemals für den Empfang von Rechnungen oder sonstigen wichtigen Mitteilungen vorgesehen war und tut so, als wäre das – sagen wir per Post – rechtskräftig zugestellt worden. Gleichzeitig gibt es – jedenfalls nachdem ich 20 Minuten lang danach gesucht habe – keine Möglichkeit, E-Mails an diese Adresse an andere Adressen weiterzuleiten. Was von besonderem Ärger ist, wenn man in der Vergangenheit bei anderen T-Doof-Kunden mitbekommen hat, dass man ein T-Online-POP3-Postfach nicht abrufen kann, wenn man nicht über T-Online mit dem Internet verbunden ist.
Die beiden lustigen E-Mails, die mir erklären, ich würde Spam versenden, enthalten aber natürlich exakt Null konkrete Hinweise, und es gibt auch keinen Verweis z.B. auf eine Webseite, wo man sich die Mails, vor allem natürlich die Header, mal anschauen könnte.
Denn mit mehreren Rechnern im Heimnetzwerk wäre es ja ganz interessant herauszufinden, ob evtl. einer davon Teil eines Botnetzes ist und (fast) unbemerkt Spam-Mails versendet. Die Hardware der Telekom – der besagte Speedport W701V – kann aber diese Analyse natürlich nicht leisten. Weshalb ich jeden der Rechner durchchecken kann (da alle Windows-Rechner den selben Virenschutz verwenden, darf bezweifelt werden, dass etwas gefunden wird) oder alternativ einen Rechner abstellen, über den der ganze Traffic geroutet wird, um dort dann zu schauen, wer denn jetzt eigentlich auf Port 25 rausblasen will.
Das eigentliche Ärgernis ist aber meiner Meinung nach nicht einmal, dass die Telekom dem Kunden kaum eine Möglichkeit an die Hand gibt, solche Probleme zu analysieren. Es ist auch nicht das Hauptproblem, dass die Abuse-Abteilung ihre Warnungen an E-Mail-Adressen verschickt, die gar nicht abgerufen werden.
Das eigentliche Problem, und das hat die Telekom schon seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, ist, dass die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. Und wenn man sich das Chaos und die Weiterleitung von einer Hotline zur nächsten anschaut, dann weiß noch nichtmal die Fingerspitze, was der zugehörige Knöchel treibt. All die teuren Callcenter-Mitarbeiter, all die teure Technik, die Customer Relationship Management Systeme und die billigen Slogans einer Service-Offensive verpuffen an dem simplen Problem, dass abuse@t-online.de nicht mit 01805 37 37 50 kommuniziert und ich als Kunde am Ende wieder der Gelackmeierte bin, der zwar anstandslos alle Rechnungen bezahlt, der aber beim kleinsten Problem stundenlang den Komikern aus T-Offlinehausen hinterhertelefonieren muss und dann doch nicht erfährt, was denn jetzt eigentlich los ist.
[Update vom 30.01.2010: Nachdem ich mich etwas abgeregt habe, habe ich einige Formulierungen und Schimpfwörter abgemildert.]